Was ist Schwerhörigkeit überhaupt?
Schwerhörigkeit (Hypakusis) bezeichnet eine Einschränkung des Hörvermögens, die von leichten Beeinträchtigungen bis hin zur vollständigen Gehörlosigkeit reichen kann. Sie tritt auf, wenn der Prozess der Schallverarbeitung gestört ist: Schallwellen, die über den äußeren Gehörgang zum Hörnerv gelangen, lassen sich nicht mehr ungehindert in elektrische Impulse umwandeln.
Nicht jede Form der Schwerhörigkeit ist dauerhaft oder krankheitsbedingt. So kann ein vorübergehender Hörverlust beispielsweise durch einen verstopften Gehörgang infolge von Ohrenschmalz verursacht werden. Dennoch sollte Schwerhörigkeit nie auf die leichte Schulter genommen werden. Unbehandelt kann sie das Risiko für Folgeerkrankungen wie Depressionen, Stürze oder den Abbau kognitiver Fähigkeiten erhöhen.
Daher ist bei ersten Anzeichen einer geminderten Hörfähigkeit eine frühzeitige ärztliche Diagnose entscheidend.
Stellt der HNO-Arzt einen Hörverlust fest, der mit Hörsystemen versorgt werden kann, erstellt er eine Verordnung, die dem Hörakustiker vorzulegen ist. In Deutschland erhalten gesetzlich Krankenversicherte eine umfassende Hörgeräteversorgung inklusive moderner Hörsysteme ohne eigene Aufzahlung. Lediglich die Rezeptgebühr fällt an. Der Kunde kann die vom Hörakustiker vorgeschlagenen Hörgeräte im Alltag testen, bevor er sich für ein bestimmtes Modell entscheidet.
Welche Arten von Schwerhörigkeit gibt es?
Mediziner unterscheiden die vier Hauptarten der Schwerhörigkeit: Schallleitungsschwerhörigkeit, Schallempfindungsschwerhörigkeit, Schallverarbeitungsstörung und kombinierte Schwerhörigkeit.
Eine Schallleitungsschwerhörigkeit entsteht, wenn der Schall nicht mehr ausreichend vom Außenohr über das Mittelohr bis ins Innenohr gelangt. Betroffene hören leiser und beschreiben oft ein Gefühl, „wie durch Watte“ zu hören. Ursachen sind z. B. Verstopfungen des Gehörgangs (Ohrenschmalz), Trommelfellschäden, Mittelohrentzündungen oder Flüssigkeitsansammlungen. Dabei bleibt die Sprachverständlichkeit trotz der verminderten Lautstärke erhalten.
Eine Schallempfindungsschwerhörigkeit betrifft das Innenohr, insbesondere die Haarzellen, welche die Schallwellen in elektrische Signale umwandeln. Schallempfindungsschwerhörigkeit führt zu einem dumpfen Klangbild und Schwierigkeiten, hohe Frequenzen oder Sprache in lauter Umgebung zu verstehen. Ursachen sind etwa dauerhafte Lärmbelastung, altersbedingter Verschleiß (Presbyakusis), Hörstürze oder Infektionen. Diese Form ist oft irreversibel, da geschädigte Haarzellen sich nicht regenerieren können. Eine vermeidbare Unterform ist die Lärmschwerhörigkeit.
Die Schallverarbeitungsstörung betrifft die akustische Signalverarbeitung im Gehirn. Man unterscheidet zwischen neuraler Schwerhörigkeit (Beeinträchtigung des Hörnervs) und zentraler Schwerhörigkeit (gestörte Hörbahn im Gehirn). Ursachen sind z. B. Schlaganfälle, Gehirnentzündungen oder Schädel-Hirn-Traumata.
Die kombinierte Schwerhörigkeit vereint Merkmale der Schallleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeit. Sie entsteht durch Verletzungen, Entzündungen oder Fehlbildungen im Außen- und Innenohr sowie durch Tumore oder Hörstürze.
Die unterschiedlichen Arten von Schwerhörigkeit verdeutlichen die Komplexität unseres Gehörs. Eine präzise HNO-fachärztliche Diagnose ist entscheidend, um einer der Art und Ursache der Hörminderung angepasste Therapie zu identifizieren. In vielen Fällen besteht diese in einer Hörgeräteverordnung.
Welche Grade von Schwerhörigkeit gibt es?
Schwerhörigkeit wird je nach Lautstärke und Tonhöhe, die eine Person nicht mehr wahrnehmen kann, in verschiedene Grade unterteilt. Diese Grade basieren auf dem Hörverlust, gemessen in Dezibel (dB) und beschreiben, wie stark das Hören eingeschränkt ist. Als Normalhörigkeit wird ein Hörvermögen bezeichnet, das maximal um 20 dB von der normalen Hörschwelle abweicht. Erst bei einem Hörverlust von über 20 dB sprechen Ärzte von einer Hörstörung. Die geringgradige Schwerhörigkeit umfasst einen Hörverlust zwischen 21 und 40 dB. Menschen mit diesem Grad der Schwerhörigkeit können leise Geräusche wie das Ticken einer Armbanduhr nicht mehr wahrnehmen.
Bei der mittelgradigen Schwerhörigkeit, die mit einem Hörverlust von 41 bis 60 dB einhergeht, sind viele Umgebungsgeräusche nicht mehr hörbar. Betroffene nehmen beispielsweise das Rascheln von Blättern oder leise Gespräche nicht mehr wahr. Eine hochgradige Schwerhörigkeit liegt vor, wenn der Hörverlust zwischen 61 und 80 dB beträgt. In diesem Fall können Betroffene auch Gesprächen in normaler Lautstärke nicht mehr folgen. Die schwerste Form ist die Resthörigkeit oder Taubheit, bei welcher der Hörverlust 81 dB oder mehr beträgt. Menschen mit diesem Grad der Schwerhörigkeit können selbst sehr laute Geräusche wie das Dröhnen eines Presslufthammers oder laute Musik nicht mehr wahrnehmen.
Was ist Schwerhörigkeit im Alter?
Die Schwerhörigkeit im Alter (Presbyakusis) ist eine fortschreitende Hörminderung, die typischerweise ab dem 50. Lebensjahr auftreten kann. Sie zeigt sich zunächst durch einen zunehmenden Hörverlust hoher Frequenzen und führt zu Schwierigkeiten, Sprache in lauten Umgebungen zu verstehen. Diese Veränderungen entstehen vor allem durch altersbedingte Verschleißerscheinungen der Haarzellen im Innenohr. Zudem können auch der Hörnerv und das Hörzentrum im Gehirn beeinträchtigt sein.
Die Schwerhörigkeit im Alter wird durch verschiedene Faktoren beschleunigt. Dazu gehören Umweltbelastungen sowie Herz-Kreislauf- und Stoffwechselstörungen. Auch erbliche Veranlagung oder ein ungesunder Lebensstil, etwa Nikotinkonsum, können den Prozess beeinflussen. Betroffene empfinden Geräusche schneller als unangenehm oder schmerzhaft. Oft wird das Hörerlebnis durch ein ständiges Ohrgeräusch, den sogenannten Tinnitus, begleitet, der die Lebensqualität zusätzlich belasten kann.
Schwerhörigkeit im Alter ist ein natürlicher Teil des Alterns; jedoch können vorbeugende Maßnahmen die Auswirkungen mindern und das Hörvermögen länger erhalten. Dazu gehören gesunde Ernährung, Bewegung und der Schutz vor Lärm – privat wie auch im Beruf. In der Regel besteht die Therapie einer Schwerhörigkeit im Alter in einer Hörsystemversorgung.
Was ist Tinnitus?
Tinnitus bezeichnet das Wahrnehmen von Geräuschen, die nicht aus der Umwelt kommen, sondern vom Betroffenen selbst erzeugt werden. Wenn Ohrgeräusche wie Brummen, Pfeifen oder Zischen über einen längeren Zeitraum anhalten oder immer wieder auftreten, spricht man von einem Tinnitus. Dieser kann unter anderem durch einen Hörsturz ausgelöst werden. Man unterscheidet zwischen objektivem und subjektivem Tinnitus.
Der objektive Tinnitus entsteht durch physische Schallquellen im Körper, die auch von außen wahrnehmbar sein können, etwa mit einem Stethoskop. Diese Geräusche werden häufig durch Gefäße, Muskeln oder die Atmung erzeugt. Mögliche Ursachen sind Gefäßverengungen, unwillkürliche Muskelzuckungen im Mittelohr oder Gaumen, Herzklappenerkrankungen oder ein gutartiger Tumor an der Kopfschlagader.
Beim subjektiven Tinnitus gibt es keine nachweisbare Schallquelle. Die Geräusche entstehen durch eine fehlerhafte Informationsverarbeitung, deren genaue Ursachen häufig unklar bleiben. Zu den möglichen Auslösern zählen Schwerhörigkeit, emotionale Belastungen, Entzündungen im Mittel- oder Innenohr sowie ein Verschluss des Gehörgangs durch Fremdkörper oder Ohrenschmalz.
Tinnitus ist ein komplexes Phänomen, dessen Ausprägungen und Ursachen individuell stark variieren können. Eine ärztliche Diagnose ist wichtig, um die genaue Art und darauf abgestimmte Behandlungsansätze festzustellen.
Was ist ein Hörsturz?
Ein Hörsturz ist ein plötzlicher, meist einseitiger Verlust des Hörvermögens, der ohne Vorwarnung auftritt. Betroffene nehmen dabei oft ein Druckgefühl im betroffenen Ohr wahr, das als „Watte im Ohr“ beschrieben wird, und haben nicht selten begleitend einen Tinnitus. In vielen Fällen normalisiert sich das Hörvermögen innerhalb weniger Stunden von selbst. Hält der Zustand jedoch länger als zwei Tage an, sollte dringend ein HNO-Arzt aufgesucht werden.
Die genauen Ursachen eines Hörsturzes sind noch nicht vollständig geklärt. Mögliche Auslöser können Durchblutungsstörungen, Virus- oder bakterielle Infektionen sowie mechanische Verletzungen des Ohrs sein. Auch ein erhöhter Cholesterinspiegel, Bluthochdruck oder Rauchen gelten als Risikofaktoren, die einen Hörsturz begünstigen können. Obwohl es kein akuter Notfall ist, erfordert ein Hörsturz rechtzeitige medizinische Abklärung, um mögliche Folgen zu minimieren.
Wie lässt sich eine Schwerhörigkeit behandeln?
Die Behandlung von Schwerhörigkeit hängt von der Art, Ursache und dem Grad des Hörverlustes ab. In manchen Fällen einer vorübergehenden Schwerhörigkeit reicht eine einfache Reinigung des Gehörgangs, beispielsweise wenn Ohrenschmalz oder Fremdkörper den Schallweg blockieren. Bei alters- oder lärmbedingter Schwerhörigkeit lässt sich das Hörvermögen jedoch nicht vollständig wiederherstellen. In diesen Fällen ist eine frühzeitige Diagnose durch einen Hörtest entscheidend, um den Hörverlust durch die Versorgung mit Hörsystemen bestmöglich auszugleichen.
Medikamentöse und chirurgische Behandlungen: Wurde die Schwerhörigkeit durch eine Infektion ausgelöst, lassen sich die Erreger gezielt mit Antibiotika oder Virostatika bekämpfen. Bei Hörstürzen oder akustischen Traumata kann eine Infusionstherapie mit Medikamenten helfen. Schäden am Trommelfell können durch einen chirurgischen Eingriff, beispielsweise eine Tympanoplastik, behoben werden, um die Schallleitungskette im Mittelohr wiederherzustellen.
Hörgeräte: Hörgeräte verstärken Schallsignale und sind für viele Formen der Schwerhörigkeit, wie Schallleitungs- oder Schallempfindungsschwerhörigkeit, geeignet. Sie gleichen einen Hörverlust aus und verbessern so die Fähigkeit, Töne und Sprachewieder gut zu hören.
Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO) sitzen direkt hinter dem Ohr und eignen sich für fast jeden Hörverlust sowie für besonders kleine Ohren. In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO) sitzen unauffällig im Gehörgang und sind von außen kaum bis gar nicht erkennbar. Bei dieser Bauform befindet sich die komplette Technik in einem kleinen Gehäuse, das individuell (passend zum Gehörgang des Trägers) angefertigt wird.
Cochlea-Implantate (CI): Ein Cochlea-Implantat (CI) ist eine medizintechnische Alternative zu Hörgeräten, die insbesondere für Menschen mit hochgradigem Hörverlust, Innenohrschwerhörigkeit oder völliger Taubheit geeignet ist. Im Gegensatz zu Hörgeräten, die den Schall verstärken, ersetzt ein CI die Funktion der Hörsinneszellen und stimuliert den Hörnerv direkt. Das CI besteht aus einem extern getragenen Soundprozessor und einem kleinen – in einer OP implantierten – Teil mit dem Elektrodenträger in der Hörschnecke.
Hirnstamm-Implantate ermöglichen Menschen, die unter einer Taubheit aufgrund eines beidseitigen funktionslosen Hörnervs leiden, durch eine elektrische Reizung des noch funktionsfähigen Schneckenkerns (Nucleus cochlearis) im Hirnstamm wieder zu hören und Sprache zu verstehen. Sind Menschen aufgrund eines fehlgebildeten oder fehlenden Hörnervs schwerhörig, ist es möglich, mit einem Hirnstammimplantat (Auditory Brainstem Implant = ABI) akustische Eindrücke zu erzeugen. Anders als bei einem Cochlea-Implantat wird dazu die Stimulationselektrode nicht im Innenohr (Cochlea) platziert, sondern an den akustisch relevanten Arealen des Hirnstamms.
Regelmäßig vorbeugen – mit einem Hörtest
Vorbeugen ist einfach: Regelmäßige Hörtests bei einem Hörakustiker oder HNO-Arzt in der Nähe sind nicht nur schnell und schmerzfrei durchgeführt – sie sind auch wichtig, um Gewissheit zu haben, wie es in den unterschiedlichen Lebensphasen um das eigene Gehör steht. Nur so kann ein therapiebedürftiger Hörverlust frühzeitig identifiziert, behandelt und versorgt werden.
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